Dorfkirche Toitenwinkel
Kirchenbesichtigung und Kirchenführungen ... können Sie gern mit Professor Luschtinetz (Tel. 0381/682113) oder Pastor Rautenkranz vereinbaren.
Die Dorfkirche Toitenwinkel könnte auch St. Laurentius und St. Katharinen-Kirche heißen. Denn diesen beiden Heiligen begegnen wir auch noch heute an mehreren Stellen unseres Gotteshauses - so in den Deckenmalereien des Chorraumes und mehrfach auf dem doppelflügligen Altar. Als die Kirche im 14.Jahrhundert erbaut wurde, spiegelte sich die Frömmigkeit ihrer Zeit wider. Neben den mittelalterlichen Fresken der "Volksbibel" finden wir auch die "weltliche" Präsenz in Form von Wappen und Grabmalen.
So sehen wir im Chor über dem Altar drei Birkhähne am Schild und die Helmzier der Herren von Moltke. Diesem mächtigen mecklenburgischen Adelsgeschlecht gehörten mit dem Kauf des Toitenwinkels (slaw. für "Stutenwinkel") 1262 zahlreiche Dörfer um ihren Stammsitz hier in Todendorp. Seit 1300 übten die Moltkes dann auch das Kirchenpatronat für Toitenwinkel und Bentwisch aus.
Die zu Beginn des 14.Jahrhunderts auf einem Granitfeldstein-fundament errichtete Backsteinkirche verdankt ihr jetziges Aussehen vor allem einer gründlichen Renovierung und umfangreichen Bauarbeiten im Jahre 1889. In diesem Jahr wurde der alte Holzturm durch einen neugotischen Backsteinturm ersetzt. Auch das Querschiff ist zu jener Zeit in den Giebelbereichen umgestaltet worden. Es hat die gleiche Höhe wie das Mittelschiff und gab so der Kirche von alters her das Kreuz als Grundform.
Die Toitenwinkler Kirche ist keine Hallenkirche (mit gleicher Höhe von Mittel- und Seitenschiffen), wie sie eigentlich für die mecklenburgische Landschaft typisch ist, sondern besitzt ein erhöhtes Mittelschiff und zwei niedrige Seitenschiffe. Mit den Umbauarbeiten vor 130 Jahren erfolgte auch eine gründliche Restauration des Innenraumes. Dabei wurden beim Abklopfen der weißen Tünche im Chorraum die alten Wandmalereien des ausgehenden 14.Jahrhunderts freigelegt und im Stil der damaligen Zeit restauriert. So zeigen zwei übereinander stehende Bilder-Zyklen Szenen aus der Bibel: der obere Fries aus dem Alten Testament und der untere aus dem Neuen Testament.
Der weitaus bessere Erhaltungszustand der Gewölbebilder ist darauf zurückzuführen, dass man sie im 19.Jahrhundert sehr deutlich überarbeitete, während man die Wandmalerei nur behutsam "auffrischte". Stand die Jungfrau Maria bereits in den Szenen des Neuen Testaments oft im Mittelpunkt, so steht ihre Krönung zur "Himmelskönigin" mit im Zentrum der Decke - zwischen Jesu Kreuzigung und dem Weltgericht. Um diese drei Szenen gruppieren sich wichtige Episoden der Passionsgeschichte sowie (in den sechzehn Zwickeln) Petrus, Paulus die übrigen Apostel und die Kirchenpatrone Laurentius und Katharina.
Eine weitere gewaltige Heiligenfigur, die sicher mit der übrigen Malerei entstanden ist, wird an der Nordwand des Chores durch ein späteres Grabmal verdeckt. Es ist dies der heilige Christophorus. Er ist der Fürsprecher der Fahrensleute und wurde als Bewahrer vor dem "plötzlichen Tode" angerufen.
Im Zentrum der Ausstattung jeder Kirche steht der Altar. Der mittelalterliche Altaraufsatz aus dem 15.Jahrhundert ist heute üblicherweise geöffnet. Früher war diese Öffnung allein kirchlichen Hochfesten vorbehalten, meist sah der Gläubige auf dem geschlossenen Schrein nur die Bilder von vier Heiligen. Erkennbar sind noch die Standbilder der beiden Patrone Laurentius und Katharina, in Analogie zur Deckenmalerei nimmt man für die beiden anderen die Apostelfürsten Petrus und Paulus an. Bei der ersten Öffnung des doppelflügligen Altars ("Pentaptychon") sahen die Gläubigen dann 16 gemalte Szenen der Passionsgeschichte - von denen noch einige erkennbar erhalten sind. Erst die letzte "Wandlung" unseres Flügelaltars macht so den ganzen plastischen Schmuck sichtbar, der sich um die zentrale Kreuzigungsszene aufbaut. Beidseits befinden sich zunächst je 6 Apostel unter gotischen Baldachinen und auf den Außenflügeln insgesamt 20 weitere Heilige, die man im Mittelalter allein an ihren Attributen erkannte. Auf dem linken Flügel befinden sich wieder beide Kirchenpatrone (oben links), Laurentius mit dem Rost und Katharina mit dem Rad.
Der Altarschrein steht auf einem Aufsatz, einer Predella, auf welcher der dornengekrönte, von zwei Engeln flankierte Christus eingerahmt wird von den vier Kirchenvätern Gregor, Ambrosius (links), Hieronymus und Augustinus. Ein großes bemaltes Triumphkreuz, das früher über dem Chorbogen angebracht war, befindet sich heute in der Kirche zu Gehlsdorf.
Mit der reich geschmückten Kanzel verlassen wir das Mittelalter und gelangen in die (Gedanken)Welt der Reformation, in welcher das gepredigte Gotteswort einen zentralen Stellenwert einnahm - zudem treten uns nun deutlicher die Stifter unserer Ausstattung entgegen. So ließ im Jahre 1601 der edle Jürgen von Moltke, "erbgesessen zv Toitendorp disen Predigstvel zv Gottes Ehren machen", wie dies die Tafel am Kanzelaufgang mit seinen Wappen bezeugt. Die dargestellten Personen sind die vier Evangelisten (von links: Matthäus, Markus, Lukas und Johannes) und im Zentrum der Erlöser.
Wie diese Kanzel ist auch das gegenüberstehende, nur wenig jüngere Patronatsgestühl im feinsten Renaissancestil gehalten. Von den reichen Intarsien mussten einzelne im letzten Jahrhundert erneuert werden. Der Stifter Gebhard Moltke, der sich hier noch mit seiner ersten Frau an den Eckpilastern verewigen ließ, hatten den gesamten Toitenwinkler Besitz von seinem (hochverschuldeten!) Vetter Jürgen aufgekauft; von 1627 bis 1630 war er Mecklenbur-gischer Kanzler bei Wallenstein - was ihm daraufhin die Verbannung gen Lübeck eintrug. Über dem Gestühl hängt nun das reiche Epitaph seiner Stieftochter Sophie von Strahlendorf (gest.1621).
Im nordwestlichen Seitenschiff befindet sich ein großes Ölgemälde, das Gebhards Sohn Joachim Friedrich im Jahre 1660 über sein Grab stiftete. Sein Totenschild verdienen Ihre Aufmerksamkeit. Da alle Kinder vor ihm starben, ging nach dem Tod des Stifters (1677) aller Besitz an die Familie von Mandelsloh über, die ihn, wiederum meist verschuldet, 1781 ihrem Landesherrn übertrug. An einer Seitenwand stehen aus dem Chor übertragene Grabplatten aus dem 16. und 17.Jahrhundert, links jene für Johann Moltke (gest.1547) und seine Frau Katharina Hahn, in der Mitte die des einst mächtigen Gebhard Moltke (gest.1645) und rechts die des Carin von Moltke, der 1564 von seinem eigenen Müller erschlagen wurde.
In der Kirche erinnern Predigerbildnisse an Pastoren, die hier im 17.Jahrhundert die Gemeinde betreuten; auch die Bildtafel für Luther darf in unserer mecklenburgischen Kirche nicht fehlen. Über den Seitenausgängen erinnern Holztafeln an die in den vergangenen Kriegen gefallenen Söhne der Gemeinde. Der Opferstock unter diesen Tafeln ist für den Erhalt der Kirche bestimmt, auf das sich weiter erfüllen mach, was am Aufgang der Kanzel steht:
LATET DAT WORD CHRISTI RICKLIKEN MANCK IVW WANEN IN ALLER WISHEIT - "Lasset das Wort Christi reichlich unter euch wohnen in aller Weisheit" (Kollos. 3)